Der Winter bricht an, und mit ihm kommen die frostigen Temperaturen und die Kälte. Es ist eine Jahreszeit, die von vielen mit Vorfreude erwartet wird, wenn sich die Welt in ein weißes Wunderland (im besten Fall!) verwandelt und zu gemütlichen Abenden auf der Couch einlädt. Doch für Menschen, die mit Multipler Sklerose leben, bedeutet der Winter oft mehr als nur Winterfreuden. Denn der klare, kalte Himmel und die kühle Brise können (und das möchte ich gerne betonen, denn dies muss nicht für alle zutreffen!) eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich bringen. In diesem Blogbeitrag tauchen wir tiefer in die Verbindung zwischen MS und Kälte ein, und wie diese Wetterbedingungen das Leben von MS-Betroffenen beeinflussen können.

Im Sommer kommen viele Menschen mit Multipler Sklerose mit dem sogenannten Uhthoff-Phänomen (dmsg-hessen.de) in Berührung. Hohe Temperaturen, sei es durch warmes Wetter oder andere Einflüsse, können zu einer vorübergehenden Verschlechterung neurologischer Symptome oder einer Beeinträchtigung der Gesamtleistungsfähigkeit führen. Doch in Bezug auf Kälteeinwirkungen auf MS-Symptome ist weitaus weniger bekannt und dieses Phänomen ist leider auch wesentlich weniger erforscht.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen von Kälte auf MS von Person zu Person unterschiedlich sein können. Einige Menschen mit MS spüren möglicherweise stärkere Auswirkungen von Kälte, während andere nur geringfügige Unterschiede bemerken.

Verschlechterung der Symptome:

Kälte kann die Symptome von MS vorübergehend verschlechtern, insbesondere diejenigen, die bereits mit sensorischen Störungen, Muskelsteifheit oder Spastizität zu kämpfen haben. Kaltes Wetter kann dazu führen, dass sich Muskeln stärker verkrampfen und die Koordination beeinträchtigt wird.

Entzündungsreaktion:

Einige Forschungsarbeiten legen nahe, dass Kälte eine Entzündungsreaktion im Körper auslösen kann, was die Symptome von MS verschlimmern könnte. Entzündung ist ein wichtiger Faktor bei MS.

Verminderte Mobilität:

In kaltem Wetter kann die Mobilität beeinträchtigt sein, da die Muskeln bei niedrigen Temperaturen steifer und weniger flexibel werden. Dies kann es schwieriger machen, sich fortzubewegen und kann Stürze oder Unfälle begünstigen.

Erschöpfung:

Die Kälte kann auch zu einem erhöhten Energieverbrauch führen, da der Körper versucht, seine Kerntemperatur aufrechtzuerhalten. Dies kann dazu führen, dass Menschen mit MS schneller erschöpft sind und ihre Erschöpfungssymptome verschlimmert werden.

Aber warum?

Die genauen Gründe für die Veränderungen, die Kälte bei Menschen mit Multipler Sklerose hervorrufen kann, sind nicht vollständig verstanden und untersucht. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass Kälte Veränderungen im Immunsystem auslösen kann, was bei Menschen mit MS problematisch sein kann. Ein fehlerhaftes Immunsystem spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Verschlimmerung von MS. Außerdem kann die Kälte zu einer vorübergehenden Verengung der Blutgefäße führen, was die Durchblutung in den Extremitäten einschränken kann. Bei Menschen mit MS, die bereits geschädigtes Nervengewebe haben, kann eine eingeschränkte Durchblutung die Symptome verschlimmern.

Tipps gegen Kälte bei MS:

  • Wärme dich von innen auf: indem du beispielsweise warme Getränke wie heiße Schokolade oder Tee trinkst. Diese können dazu beitragen, die Kälte zu vertreiben und den Körper rascher aufzuwärmen (der Genuss von warmen Getränken oder Speisen hat übrigens nichts mit dem Uhthoff-Phänomen zu tun!).
  • Kleide dich im Zwiebellook: dieser besteht meistens aus drei Hauptschichten, die man nach und nach aus- und wieder anziehen kann. Dies hat den Vorteil, dass man die Kleidung einfach an die aktuelle Temperatur- und Witterungsverhältnisse anpassen kann, die sich häufig in den meisten Regionen im Laufe des Tages stark verändern können. Im besten Fall friert – und schwitzt man so nicht zu stark.
  • Übertreibe es nicht mit der Wärme im Inneren/ in deiner Wohnung: eine Überkompensation mit übermäßiger Zimmerwärme kann die MS ebenso verschlimmern. Achte deswegen auf eine moderate und dauerhafte Zimmertemperatur.
  • Medikation: wenn kältebedingte Schmerzen oder motorische Einschränkungen die Funktionsfähigkeit beeinträchtigen, kann dein Arzt dir vielleicht ein Medikament wie ein Muskelrelaxans oder ein Schmerzmittel verschreiben (für einen gewissen Zeitraum, in denen diese Symptome auftreten)

Tipps für Angehörige:

Um als Angehöriger einer Person mit MS bei kaltem Wetter zu unterstützen, könnt ihr die folgenden Maßnahmen ergreifen:

  • Hilfe bei der Kleiderwahl: achtet darauf, dass er/sie warme Kleidung, Schals, Handschuhe und Mützen trägt, um die Körperwärme zu erhalten.
  • Bereitet das Zuhause vor: Stellt sicher, dass das Zuhause warm und komfortabel ist. Vielleicht freut sich euer PartnerIn,  FreundIn, Elternteil etc. auch über eine Heizdecke oder warme Socken. Vermeidet jedoch starke Temperaturschwankungen.
  • Hilfe bei Mobilität: Wenn euer Angehöriger Schwierigkeiten bei der Mobilität hat, bietet eure Unterstützung beim Gehen (vor allem auf glatten Oberflächen!) an, sei es auf Gehwegen oder in der Wohnung. Achtet auf rutschige Stellen und sorgt dafür, dass auch der Weg draußen geräumt und nicht glatt ist.
  • Gesellschaft und Aufmunterung: Verbringt Zeit mit eurem Angehörigen, um ihm/ihr Gesellschaft zu leisten und sie/ihn aufzumuntern. Gemeinsame Aktivitäten können helfen, die Sorgen oder Beschwerden in Bezug auf das kalte Wetter zu lindern.
  • Respektiert die Bedürfnisse: Jeder Mensch mit MS hat unterschiedliche Bedürfnisse und Verträglichkeiten in Bezug auf Kälte. Respektiert  die Wünsche und Grenzen eures Angehörigen und passt die Unterstützung entsprechend an.
Und trotz der Herausforderungen, die die Kälte und der Winter mit sich bringen können, gibt es viele schöne und positive Aspekte an dieser Jahreszeit, die man sich vor Augen führen sollte: der Winter ist die perfekte Jahreszeit, um sich in warme Decken zu kuscheln, Bücher zu lesen und heiße Getränke zu genießen. Die Gemütlichkeit des Winters kann sehr entspannend sein. Und außerdem ist diese Jahreszeit die Zeit der Feiertage wie Weihnachten und Neujahr, die Gelegenheit bieten, Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen. Und: der Winter hat ein Ende, und das Wissen, dass der Frühling nach ihm kommt, kann eine besondere Vorfreude und Hoffnung vermitteln!

Unser nächster Blogbeitrag „Was ist Spastik und wie kann ich diese positiv (durch Wärme/Kälte?) beeinflussen?“ erscheint am 16.11.23. Bis dahin, eure Lisa 🙂