In einer Welt, in der viele Menschen mit chronischen Entzündungszuständen und gesundheitlichen Herausforderungen konfrontiert sind, gewinnt die antientzündliche Ernährung zunehmend an Bedeutung. Diese Ernährungsweise betont die Auswahl von Lebensmitteln, die Entzündungen im Körper reduzieren können, und sie wird immer mehr als Schlüssel zu einem gesunden Lebensstil betrachtet. In diesem Artikel möchte ich Euch gerne die Grundlagen der antientzündlichen Ernährung im Allgemeinen näherbringen, ihre potenziellen Vorteile für die Gesundheit nennen und immer wieder auf den Bezug zur MS eingehen.

Im Verlauf einer MS-Erkrankung oder auch bei zahlreichen anderen Krankheiten treten immer wieder Entzündungsschübe auf. Fangen wir somit mit der Frage an, was eigentlich Entzündungen sind.
Eine Entzündung ist eine komplexe biologische Reaktion des Körpers auf verschiedene schädliche Reize oder Verletzungen. Sie ist ein wichtiger Teil der körpereigenen Abwehrmechanismen und dient dazu, Gewebe zu schützen, zu heilen und zu reparieren. Entzündungen können sowohl in akuter als auch in chronischer Form auftreten und sind oft durch bestimmte charakteristische Anzeichen zu erkennen wie Rötung, Schwellung, Hitze oder Schmerz. Entzündungen werden oft als Schlüsselfaktoren bei der Entstehung und Verschlimmerung vieler chronischer Krankheiten angesehen.
Entzündungen spielen eine wichtige Rolle bei Multipler Sklerose. MS ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Immunsystem fälschlicherweise gesundes Nervengewebe angreift und Schäden verursacht. Entzündungen sind ein wesentlicher Bestandteil dieses Immunangriffs, welcher häufig Narben oder Läsionen im Gehirn und Rückenmark hinterlässt.  Diese Läsionen und Schädigungen der Myelinscheiden (die die Nervenfasern umgeben) sind dann charakteristisch für MS und können dauerhafte Schäden verursachen, die die Funktion beeinträchtigen. Sie können Schädigungen der Nervenfasern führen und die Kommunikation zwischen Nervenzellen beeinträchtigen, auch genannt als Neuroinflammation. Dies kann zu einer Verschlechterung der Nervenfunktion führen und Symptome wie Muskelschwäche, Koordinationsprobleme, Sehstörungen und sensorische Veränderungen verursachen.
Die Behandlung von MS und anderen chronischen Erkrankungen zielt oft darauf ab, Entzündungen zu reduzieren oder zu kontrollieren, um Schübe zu verhindern oder zu mildern und die Progression der Erkrankung zu verlangsamen. Hierbei kann die Ernährung eine wichtige Rolle spielen:

Die antientzündliche Ernährung ist eine Ernährungsweise, die darauf abzielt, Entzündungen im Körper zu reduzieren und damit die Gesundheit zu fördern. Sie basiert auf der Auswahl von Lebensmitteln, die entzündungshemmende Eigenschaften haben, und auf der Begrenzung von Lebensmitteln, die Entzündungen fördern können.  Oftmals berichten Menschen mit entzündlichen Erkrankungen von einer Verringerung ihrer Symptome, wenn sie eine antientzündliche Ernährung einhalten. Vor allem, wenn sie dies über einen längeren Zeitraum machen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Umsetzung einer antientzündlichen Ernährung je nach den individuellen Bedürfnissen und Vorlieben variiert. Einige Menschen können Nahrungsmittelintoleranzen oder Allergien haben, die berücksichtigt werden müssen. Es ist auch ratsam, diese Ernährungsweise mit Hilfe eines Ernährungsberaters zu besprechen, um sicherzustellen, dass sie den persönlichen Gesundheitszielen entspricht.

Zu den allgemeinen Schlüsselelementen und Merkmalen einer antientzündlichen Ernährung gehören:

Reich an Omega-3-Fettsäuren: Antientzündliche Ernährung betont Lebensmittel, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, wie Fisch (vor allem Lachs, Makrele, Sardinen), Leinsamen und Walnüsse. Omega-3-Fettsäuren haben nachgewiesene entzündungshemmende Eigenschaften. Olivenöl, das reich an einfach ungesättigten Fettsäuren ist, wird ebenfalls oft empfohlen, genau wie Kokosöl oder Hanföl.

Viel frisches Obst und Gemüse: Eine große Vielfalt an Obst und Gemüse ist ein Schlüsselmerkmal. Diese Lebensmittel sind reich an Antioxidantien und Phytonährstoffen, die Entzündungen bekämpfen können. Besonders empfehlenswert ist es, saisonales und regionales Obst und Gemüse zu kaufen.  Gute Beispiele sind Beeren, grünes Blattgemüse, Tomaten und Brokkoli.

Vollkornprodukte: Die Ernährung umfasst häufig Vollkornprodukte wie Hafer, Quinoa und Vollkornbrot anstelle von raffinierten Kohlenhydraten, da Vollkornprodukte Ballaststoffe und Nährstoffe liefern, die entzündungshemmend wirken können.

Fettarme Proteine: Mageres Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte (wie Bohnen und Linsen) und pflanzliche Proteine (wie Tofu) sind bevorzugte Proteinquellen. Rotes Fleisch und verarbeitete Fleischwaren sollten in begrenzten Mengen konsumiert werden.

Vermeidung von Zucker und raffinierten Kohlenhydraten: Diese Ernährung minimiert den Konsum von zugesetztem Zucker, Süßigkeiten, Limonaden und raffinierten Kohlenhydraten, die Entzündungen fördern können.

Kräuter und Gewürze: Gewürze wie Kurkuma, Ingwer, Knoblauch und Zimt sind bekannt für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften und werden häufig in dieser Ernährungsform verwendet.

Probiotika: Joghurt, Kefir und fermentierte Lebensmittel sind Quellen von Probiotika, die die Darmgesundheit unterstützen und Entzündungen reduzieren können.

Wenig verarbeitete Lebensmittel: Die antientzündliche Ernährung fördert unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel und minimiert den Konsum von Fertiggerichten und verarbeiteten Lebensmitteln, die oft Zusatzstoffe und entzündungsfördernde Inhaltsstoffe enthalten.

Wasser: Ausreichende Hydratation mit Wasser wird oft betont, da Dehydratation Entzündungen verstärken kann. Auch ungezuckerter Tee ist empfehlenswert.

Dann gibt es jedoch auf der anderen Seite auch Lebensmittel, die man bei einer antientzündlichen Ernährung möglichst meiden sollte, sogenannte Proinflammatorische Lebensmittel.

Proinflammatorische Lebensmittel sind Nahrungsmittel, die Entzündungsreaktionen im Körper fördern und begünstigen können. Diese enthalten oft Inhaltsstoffe, die als Proinflammatorika bezeichnet werden.

Zu den häufigsten Proinflammatorika gehören:

  • Gesättigte Fette: Diese finden sich vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch, Butter und Vollmilch. Sie können Entzündungen fördern, wenn sie in großen Mengen verzehrt werden
  • Transfette: Transfette sind künstlich gehärtete Fette, die in vielen verarbeiteten Lebensmitteln wie Pommes frites, Gebäck und Backwaren, Margarine und Fast Food vorkommen. Sie sind bekannt dafür, Entzündungen zu verstärken und das Risiko für Herzkrankheiten zu erhöhen
  • Alkohol: Übermäßiger Alkoholkonsum kann Entzündungen im Körper verstärken
  • Raffinierter (beschreibt einen aufwändiger Verarbeitungsprozess, um von natürlichen Begleitstoffen und Verunreinigungen zu reinigen) Zucker: Hohe Mengen an raffiniertem Zucker, wie sie in zuckerhaltigen Getränken, Süßigkeiten und verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen, können ebenfalls Entzündungen fördern
  • Raffinierte Kohlenhydrate: Diese finden sich in Lebensmitteln wie Weißbrot, Reis und Nudeln aus weißem Mehl. Sie haben einen hohen glykämischen Index und können Entzündungen begünstigen, wenn sie übermäßig konsumiert werden
  • Künstliche Zusatzstoffe und Konservierungsmittel: Einige dieser Chemikalien, die in verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen, können Entzündungen auslösen oder verschlimmern
  • Lebensmittel mit einem hohen Omega-6-Fettsäuren-Gehalt: Ein Ungleichgewicht zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung kann Entzündungen fördern. Omega-6-Fettsäuren sind in pflanzlichen Ölen wie Sojaöl und Maisöl enthalten
  • Rotes Fleisch: Der Verzehr von zu viel rotem Fleisch, insbesondere verarbeitetem Fleisch wie Wurstwaren

„Du bist, was du isst“. Es mag wie ein abgenutzter Spruch klingen, aber er trägt eine bedeutende Botschaft in sich. Denn ganzheitliche Ernährung spielt eine entscheidende Rolle für unser Wohlbefinden – besonders im Umgang mit MS. Zu diesem Entschluss kommen auch immer mehr Studien, wie beispielsweise eine Analyse einer australischen Längschnittstudie (eine Erhebung, die in zeitlichem Abstand mehrfach durchgeführt wird) von 2023. Demnach steuert Ernährung das Schubrisiko bei MS (https://link.springer.com/article/10.1007/s15006-023-2939-3). Denn viele ForscherInnen und ÄrteInnen vermuten den eigentlichen Auslöser für die Multiple-Sklerose-Erkrankung in der Darmflora.

Die Darmflora beschreibt die Gesamtheit aller Darmbakterien, die Teile des menschlichen Dickdarms besiedeln. Die Darmbakterien unterstützen die Verdauung und produzieren aus unverdaulichen Ballaststoffen (die mit der Nahrung aufgenommen werden) kurzkettige Fettsäuren. Des Weiteren produziert die Darmflora verschiedene Vitamine wie Folsäure, VitaminB12 oder VitaminK. Vor allem aber bildet die Darmflora auch eine natürliche Abwehr gegen krank machende Keime – und beeinflusst unser Immunsystem im Allgemeinen somit stark. Somit hat die Darmflora auch Einfluss auf unsere Gesundheit und kann Entzündungsreaktionen im Körper kontrollieren. Ein Ungleichgewicht dieser kann Entzündungen fördern.

Auf der Suche nach beeinflussbaren (Umwelt-)Faktoren ist die Ernährung bei Multiple Sklerose (und anderen chronischen Erkrankungen) zunehmend ein wichtiger Bestandteil der Therapie, so das Fazit und die Auswertung dieser Studien. Weil die Ursachen von MS mit dem Immunsystem vermutlich stark zusammenhängen und die Ernährung Einfluss auf die Darmflora hat, könnte das gezielte Verändern dieser Verbindung eine vielversprechende Möglichkeit in der MS-Therapie sein.

Wie eine antientzündliche Ernährung im Alltag aussehen kann, werde ich euch nächste Woche mit verschiedenen Rezeptideen zeigen.

Zu guter Letzt hier noch einmal ein kleiner Überblick- eine Art Lexikon- mit den wichtigsten Begrifflichkeiten der antientzündlichen Ernährungsweise:

Antioxidantien: sind natürliche Verbindungen, die im Körper freie Radikale bekämpfen und dabei helfen, Zellschäden zu verhindern oder zu reduzieren.

Fette: sind eine wichtige Nährstoffklasse in der Ernährung, die Energie liefern und für die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen und die Bildung von Zellmembranen wesentlich sind.

Darmgesundheit: bezieht sich auf den Zustand und die Funktion des Verdauungssystems, insbesondere des Darms, und wie diese Faktoren das allgemeine Wohlbefinden und die Gesundheit des Körpers beeinflussen.

Darmflora/ Darmmikrobiota: bezieht sich auf die Gemeinschaft von Mikroorganismen, einschließlich Bakterien, Viren und Pilzen, die in unserem Verdauungstrakt leben, und die eine wichtige Rolle bei der Verdauung und Gesundheit des Darms spielen.

Raffinierte Lebensmittel: sind Nahrungsmittel, bei denen während der Verarbeitung wichtige Nährstoffe und Ballaststoffe entfernt wurden, was oft zu einem höheren Anteil an verarbeiteten Kohlenhydraten und einem niedrigeren Nährwert führt.

Unser nächster Blogbeitrag, quasi ein Teil 2, „Ein Tag entzündungshemmend essen“ erscheint kommenden Donnerstag, 28.09.2023! Bis dahin, eure Lisa 🙂