Was ist Stress – und warum ist er bei MS besonders relevant?

Stress – ein Begriff, den wir alle kennen. Doch was steckt eigentlich dahinter?

Grundsätzlich ist Stress eine natürliche Reaktion des Körpers auf eine Herausforderung oder Bedrohung. In solchen Momenten aktiviert unser Körper das sogenannte „Fight-or-Flight“- System: Der Organismus wird gegen die „drohende Gefahr“ mobilisiert. Während kurzfristig vernachlässigbare Systeme , wie Libido, Immunsystem, Verdauung- runtergefahren werden, werden andere Systeme in Flucht – und Kampfbereitschaft gebracht: Der Atem beschleunigt sich, Puls und Blutdruck steigen, Muskeltonus und Durchblutung erhöhen sich, die Sinne schärfen sich. Kurzfristig kann das sogar sehr hilfreich und leistungssteigernd sein.

Anforderungen an sich sind nichts Schlechtes. Sie können uns zu Höchstleistungen anspornen und uns wachsen lassen. Ein absolut stress- und anforderungsfreies Leben Leben ist folglich unerwünscht. Die Würze des Lebens in Form von positiven Stress (Eustress) , der innere Antrieb sowie Nährboden für Persönlichkeitswachstum und Erfolgserlebnisse würden uns fehlen.

Problematisch wird es jedoch, wenn dieser Zustand anhältmögliche Ursachen dafür könne sein:

  • chronische Überlastung
  • Konflikte im beruflichen privaten Umfeld
  • Krankheits- oder Todesfälle in der Familie
  • Deadlines und Leistungsdruck
  • Doppelbelastung durch Beruf und Familie
  • Perfektionismus
  • (Zukunfts-) Ängste oder Sorgen
  • Fehlende Work-Live-Balance
  • Reizüberflutung

Dieser negative Stress (Distress) belastet den Körper dauerhaft, schwächt das Immunsystem und kann bei Menschen mit MS Symptome verstärken oder sogar Krankheitsschübe begünstigen.

Was passiert im Körper bei Stress?

Im Körper wird vor allem das Stresshormon Cortisol freigesetzt, das sympathische Nervensystem wir aktiviert. Kurzzeitig ist das nicht schlimm. Hält die Stressbelastung jedoch an und es erfolgen keine wirklichen Erholungsphasen erschöpfen sich die Körperressourcen, das  Immunsystem wird geschwächt und das Risiko einer psychischen und physischen Krankheit steigt.

Stress wird also schädlich, wenn er :

  • dauerhaft anhält (chronisch wird)
  • zu körperlichen oder seelischen Symptomen führt
  • die Lebensqualität einschränkt
  • Erschöpfung statt Energie erzeugt

Erste Anzeichen für zu viel Stress können sein:

  • Schlafprobleme, ständiges Grübeln
  • Konzentrationsprobleme
  • erhöhte Reizbarkeit oder innere Unruhe
  • verstärkte MS-Symptome wie Fatigue, Spastiken oder Sehstörungen
  • häufige Infekte
  • Verspannungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden

Was kann ich konkret tun?

  • Akzeptanz statt Widerstand

Der erste Schritt ist, Stress als wichtigen Indikator zu erkennen – nicht als Schwäche. Wenn du akzeptierst, dass dein Körper dir mit Stresssignalen etwas mitteilen will, kannst du bewusst gegensteuern. Nimm dir als erstes selbst den Druck.

  • Ursachen erkennen und bewusst ändern

Manchmal sind es nicht die Umstände an sich, sondern unsere Reaktion darauf, die Stress verursacht. Frage dich regelmäßig:

Was genau stresst mich gerade? Ist es wirklich so dringend/wichtig? Was davon kann ich beeinflussen – was nicht?

Wenn du erkennst, dass dich z.B. Überforderung im Job, familiäre Erwartungen oder innere Ansprüche belasten, kannst du gezielt daran arbeiten.

Mögliche Maßnahmen:

Aufgaben delegieren oder Prioritäten neu setzen

Gespräche suchen, um Missverständnisse zu klären

dich selbst vom Perfektionismus entlasten

  • Atem- und Entspannungstechniken

Unser Atem ist ein natürlicher Stressregulator, den wir jederzeit und überall nutzen können. Atemtechniken aktivieren den Parasympathikus, unseren körpereigenen Entspannungsmodus und können innerhalb weniger Minuten Stresshormone abbauen. Regelmäßiges Üben dieser Techniken macht sie zu wertvollen Werkzeugen in stressigen Situationen.

  • die 5-Finger Atmung: setze dich bequem hin, strecke eine Hand aus, die Handfläche zeigt zu dir. Atme durch die Nase ein und fahre mit dem Zeigefinger der anderen Hand am Daumen der ausgestreckten Hand außen hoch. Atme langsam durch den Mund aus und fahre mit dem Zeigefinger den Daumen von oben nach unten entlang. Wiederhole den Vorgang mit jedem Finger.
  • die 4-7-8-Atemtechnik: 4Sekunden Einatmen, 7 Sekunden die Luft anhalten, 8 Sekunden ausatmen
  • Notfallanker-Übung: Setze dich bequem hin und stelle deine Füße auf den Boden.

Tief Einatmen –  Ich bin hier         Ausatmen – Ich bin sicher       Hand aufs Herz – Ich darf gut für mich sorgen

  • Bewusstes Pausenmanagement

Unser Gehirn benötigt regelmäßig Pausen, um leistungsfähig zu bleiben. Mikropausen von 2-3 Minuten, in denen man bewusst durchatmet und sich streckt, können Stresspegel bereits spürbar senken.

  • Digital Detox- wohltuende Funkstille

Wer kennt es nicht? Ein kurzer Blick aufs Handy wird zu einer digitalen Weltreise. Rund 150 Mal pro Tag schauen wir laut Studie durchschnittlich aufs Handy.

Der nie endende digitale Datenstrom und ständige Informationen, kann allerdings schnell in Stress ausarten. Mache dir bewusst, welche Informationen tun mir gut, welche nicht und entscheide dich jeden tag bewusst Handy und Co für eine bestimmte Zeit zur Seite zu legen.

  • Mikronährstoffe – natürlicher Widerstand gegen Stress

Der Stoffwechsel von ausgepowerten Menschen läuft – anders als häufig vermutet- nicht auf Sparflamme, sondern auf Hochtouren. Diese Überaktivität erhöht den Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen und verstärkt die Radikalbildung im Körper. Leider vernachlässigen wir gerade unter Druck vitalstoffreiche Lebensmittel und greifen eher nach ungesunden Seelentröstern. Doch nur wer gut versorgt ist, kann Stress- und Belastungssituationen erfolgreich meistern oder gar nicht erst hineinkommen. Wichtige Nährstoffe und Vitamine sind Magnesium, B-Vitamine, Folsäure, Vitamin B6 und B12, auch pflanzliche Stoffe können hilfreich sein und unterstützen. Lasst euch hierzu von einem Arzt/Ärztin oder Phytotherapeuten/-therapeutin beraten.

  • Bewegung – angepasst und regelmäßig

Grundsätzlich liegt es in unserer Natur, auf Stress mit Bewegung zu reagieren(Flucht-, Kampfreaktion). Doch heutzutage bleiben wir meist buchstäblich auf unserem Stress sitzen. Körperliche Aktivität ist ein Stresskiller. Wichtig ist, dass die Bewegung zu dir und deinem Energielevel passt. Schon 15-30Minuten am Tag helfen Stresshormone abzubauen und Glückshormone zu aktivieren.

  • Die grüne Pille – Zeit in der Natur

Wo kann man besser entspannen, als in der Natur bei Vogelgezwitscher und Blätterrauschen. Besonders beliebt und wohltuend ist es zeit im Wald zu verbringen. Unter dem Schutz der Bäume rücken Stress und die Belastungen des Alltages zumindest eine Zeit lang in den Hintergrund.

  • Gesunde Routinen schaffen

Menschen mit MS profitieren oft von stabilen Tagesabläufen. Routinen geben Struktur und Sicherheit, zum Beispiel:

Regelmäßige Mahlzeiten, feste Zeiten für pausen und Hobbys, feste Schlafzeiten

  • Gedanken lenken und soziale Unterstützung suchen

Stress entsteht oft im Kopf – durch Sorgen, Selbstkritik oder Grübeleien.

Hilfreich sind:

Journaling – schreibe auf, was dich beschäftigt – das entlastet und klärt

Positive Selbstgespräche – unterschätze nicht die macht der Sprache, achte darauf, wie du mit dir selbst sprichst und versuche z.B. öfter ein „ich muss“ durch ein liebevolles „Ich darf“ oder „Ich kann“ zu ersetzen

Gespräche mit Vertrauenspersonen – sich verstanden und getragen zu fühlen, entlastet enorm. Ob in der Familie, im Freundeskreis, in einer Selbsthilfegruppe, beim gemeinsamen Sport- Treff oder auch mit einer psychologischen Fachkraft – soziale Kontakte und Austausch reduzieren Stress, stärken das emotionale Wohlbefinden und helfen neue Perspektiven zu gewinnen.

Fazit: Innere Balance ist möglich – in kleinen Schritten

Stress lässt sich nicht immer vermeiden- aber du kannst lernen besser damit umzugehen. Gerade bei MS ist es wichtig, bewusst auf die eigenen Grenzen und Ressourcen zu achten und Strategien zu entwickeln, die dich im Alltag stärken. Fang klein an, sei liebevoll mit dir selbst und denke daran: Jeder bewusste Atemzug, jede pause und jede kleine Entlastung und Moment der Freude zählt.

Du musst nicht alles allein schaffen – aber du kannst anfangen, dir Gutes zu tun. Jeden tag ein bisschen mehr:)

Unser nächster Blogbeitrag erscheint am 02.07.2025! Bis dahin wünsche ich euch eine entspannte Zeit :) Eure Nicole